Montag, 16. Mai 2011

Portfolio

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt, das wusste schon der olle Brecht.

Eigentlich sollte ich ab Montag ein seeeehr französisches Drehbuch nicht nur sprachlich 'eindeutschen', sondern auch an die Gegebenheiten Berlins anpassen. Dieses Filmprojekt aus Frankreich hat sich inhaltlich zwischen der 3. und 6. Drehbuchfassung immer mehr nach Berlin verlagert, aber jetzt ist die Hauptdarstellerin schwanger, daher wird alles um ein Jahr verschoben.

Das junge Familienglück  alles Gute! — verschiebt auch meine Arbeitspläne. Nun ist es so, dass dieses Jahr in Cannes das deutschsprachige Kino nicht besonders viel ... ähem ... Präsenz zeigt, also im großen Saal und in den Festivalsektionen. Also haben wir kurzfristig Kapazitäten frei!

Wir sind ein Netzwerk von auf Wirtschaft, Medien, Kultur, Gesellschaft und Kino spezialisierten Dolmetschern und Übersetzern. Als Fachfrau für Frankreich lebe ich großenteils in Berlin und biete von der Recherche über Rewriting, Drehbuchübersetzung, Sprachcoaching und Setdolmetschen bis zur Pressearbeit vor Filmstarts alles aus einer Hand an.

Als frühere Journalistin weiß ich, was die Damen und Herren Medienvertreter brauchen: Mindestens vier Adjektive, wenn vom Star fünf angeboten worden sind (statt zwei oder drei, wie es Laien schaffen) und Verdolmetschungen, in denen die Stars auf Deutsch jeweils anders klingen (und nicht alle wie ein- und derselbe Journalist, der sich nebenbei als Dolmetscher ausgibt).

Da ich selbst als Autorin tätig bin, werde ich oft für Adaptionen wie dem obenstehenden Projekt gebucht. Mein Ziel ist es, dass ein Buch in der deutschen Fassung am Ende so klingt, als wäre es auf Deutsch geschrieben worden, und nicht nach Papier raschelt oder eben ... übersetzt klingt. Das ist nicht immer so einfach. Wir sichern dieses Qualitätskriterium durch gegenseitiges Korrekturlesen ab.

Oder eben ich passe an, helfe in einer frühen Phase schon mal mit, Drehorte zu suchen und zu fotografieren, denn der Filmförderantrag will bebildert sein. Letztens habe ich für einen Teaser historisches Filmmaterial im Archiv rausgesucht und vorgeschnitten - hier kommt mir meine berufliche Vergangenheit als Journalistin zugute.

Noch ein kurzes "Sorry" für meine Dauerleser über diesen Beitrag mit eher werblichem Charakter, aber auch diese Situation spiegelt die Arbeits- und Lebenswelt einer freiberuflichen Spracharbeiterin wider: Erstens gebucht zu sein, andere Jobs weitervermittelt zu haben ... und aufgrund von höherer Gewalt kommt es zweitens — anders, als man denkt.

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Foto: privat

1 Kommentar:

caro_berlin hat gesagt…

Wow! Das ging schnell: eine halbe Stunde, nachdem ich diesen Eintrag hochgeladen habe, sitze ich schon am nächsten Kostenvoranschlag!

Preiseinschätzungen sind natürlich kostenlos. Und Stillschweigen ist die Grundlage unseres Gewerbes. Alle Werkstattberichte, die ich hier veröffentliche, sind verfremdet und erscheinen in zeitlich großem Abstand zu den jeweiligen Ereignissen.

Diskretion ist die Basis des Gewerbes, auch bei Rewriting.