Montag, 27. Oktober 2008

Ein Pingel sein

Der heutige Eintrag klingt so, als hätte ich vor, ein Dialekt-Wörterbuch zu schreiben. Ein Pingel ist ein Mensch, der alles übergenau nimmt, der eben pingelig ist. Ich kenne das Wort nur aus dem Westfälischen und dem südlichen Rheinland.

Wir Sprachfritzen müssen Pingel sein. Der Pingelkram strengt an, wenn es um die Übersetzung von zu beurkundenden Dokumenten geht. Da ist jede Zahl, jeder Buchstabe wichtig. (Mein Fehlersuchtipp: von hinten nach vorne durchsehen.)

Auch bei Filmen ist ein hohes Maß an Genauigkeit wichtig. Daher steht zu Beginn aller Arbeit die Sichtung. Manchmal gibt es Skript (parallel entstanden) oder Trankskript (im Nachhinein entstanden), das ergänzen wir, wo immer wir Auslassungen finden. Wir notieren auch, wenn Schrift im Film vorkommt, Tafeln, Plakate, Briefe, die für die Dramaturgie wichtig sein können, wir notieren Hintergrundgespräche und besondere Akustiken.

Übersetzt wird dann bei Dokumentar- und Spielfilm nach Zeit: Der Film selbst gibt das Tempo vor. Immer wieder zurückzuspulen ist Teil des Jobs (hiermit entschuldige ich mich mal wieder in aller Form bei meinen Nachbarn!) Und die vermeintliche Lösung wird gekürzt, wenn es der Film nötig macht - das bedeutet mitunter die doppelte oder dreifache Arbeit. Daher ist das Ergebnis halt auch relativ teuer, wenn Sie nur das Ergebnis betrachten, und sich nicht vergegenwärtigen, dass es Zwischenschnitte gibt.

Bei der Übersetzung ist viel zu berücksichtigen: Wird der Film adaptiert und neu vertont? Oder wird die Reportage mit "voice over" in die andere Sprache übertragen? Oder aber ich sitze an Untertiteln ... Da stelle ich mir immer die Frage, wie weit ich das Werk in den anderen Kulturkreis hineinschiebe - zum Beispiel früher bei der Übertragung von Franc in D-Mark. Bei der Übersetzung als Vorbereitung eines Dialogbuches sind aber auch soziokulturelle Unterschiede zu berücksichtigen. Ein Pariser Clochard hat einfach eine andere Ausdrucksweise als der Modezar aus der gleichen Stadt.

Und dann sind da noch die Intentionen der Filmemacher. Am liebsten sehen und lesen wir so viel wie möglich, was aus dem Umfeld des Films zu erhalten ist: frühere Filme, Letters of intent, Drehtagebücher, wie sie immer öfter auch online veröffentlicht werden.

Und was machen wir jetzt mit dem "Pingel" auf Französisch? Wie wuppen wir die regionale Konnotation in den anderen Kulturkreis rüber?

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