Samstag, 28. Juni 2008

Vorbereitung: eigentlich immer

Frage: Musst Du viele Filme sehen, denn Du bist ja auf Kino spezialisiert?

Liebe Elly,

spontan würde ich sagen: geht so. Mir fällt das nicht als etwas Besonderes auf, ich sehe viel, verpasse ebenso viel, bin super schlecht in dem, was gemeinhin Mainstreamkino genannt wird. Es gibt aber in Berliner Kinos, bei denen muss ich keinen Eintritt mehr be­zah­­len, weil sie meine Arbeit kennen und Kinomacher halt viel sehen müssen. Übersetzt bedeutet das: Ich bin als ihresgleichen anerkannt.

Gestern Abend hatte ich eine Art Heimspiel mit Jacob Berger, obwohl wir uns bis­lang nur durch frühere Arbeit via Drehbuch, Mail und Telefon kennen. Wenn ich für ein Publikumsgespräch gebucht bin, sehe ich den Film im Vorfeld und gehe dann meist während der Vorführung mit dem Filmemacher essen. Natürlich be­spre­chen wir im Restaurant das aktuelle Filmgeschehen, dann haken wir uns an einem Thema fest und es wird ein Ritt durch die Filmgeschichte, ausgelöst durch eine Motiv- oder Genregleichheit, wir benennen Stärken und Schwächen der Filme und die eigenen Favoriten. (Gestern zum Thema "Politik und Diktatur im Film": Das Leben der Anderen, Der Untergang, Mein Führer von D. Levy, La vita è bella, Train de vie von R. Mihaileanu).

Was nach außen wie ein tête-à-tête aussieht — der Kellner bringt automatisch für das eine Dessert zwei Löffel — macht das anschließende Filmgespräch lebendiger, von denen ich etliche wie gestern Abend nicht nur dolmetsche, sondern auch moderiere. Wir haben Themen gefunden, auf die wir vor dem Publikum zusteuern oder die wir bewusst auslassen können, wir kennen uns ein wenig, gewähren ein­ander Sprechpausen, schieben Bälle hin und her. Mir ist passiert, dass nach nur einem gemeinsamen Nachmittag (Stadtbesichtigung) und Abendessen (wie be­schrie­ben) Leute zu mir kamen und sagten: “Das ist ja ganz wunderbar, wie Sie das zu zweit so machen, und was für ein glücklicher Zufall für Ihren Mann aber auch, dass Sie so gut Deutsch sprechen!” Das war 1999 anlässlich der Deutsch­land­premiere von “Train de vie” des Regisseurs Radu Mihaileanu, dessen Filme ich seither natürlich auch beobachte.

Wobei wir wieder beim Tischgespräch mit Jacob wären. Leider kamen auf einen Schlag sehr viele Gäste, die Küche wurde langsamer, und so müssen wir das Dessert unangetastet stehenlassen, um nicht zu spät zu kommen. Spätestens mit dem Abspann sollten wir für das Filmgespräch eintreffen ...

______________________________
Foto: Anne Vassevière, Mitarbeiterin der Film-
abteilung der frz. Botschaft, im Cinéma Paris

Freitag, 27. Juni 2008

Französische Filmwoche

Heute Abend geht's wieder los: eine Woche lang werden im Cinéma Paris und im Filmtheater am Friedrichshain französische und frankophone Filme zu sehen sein. Seit dem Jahr 2001 wird jeden Sommer ein solches kleines Festival organisiert, und von Anfang an bin ich als Dolmetscherin dabei, denn viele Filme werden von ihren Urhebern vorgestellt. Auch Radio Eins wird darüber berichten.

Während es am Nachmittag stürmisch zuzieht - hoffentlich wird das Wetter dieser Tage weder allzu wüst, noch allzu gut - sehe ich nochmal den Schweizer Beitrag von Jacob Berger. Lustig, das Drehbuch habe ich 2005 übersetzt, meine Seherfahrung ist damit eine andere. Jetzt schaue ich mir den Film vorab an, denn parallel zur Vorführung heute Abend werden wir Essen gehen. Außerdem suche ich ein Dostojewski-Zitat raus, das im Film vorkommt, schlage nach, was es mit den Figuren auf sich hat, die im Film gezeigt werden und die den drei Affen ähneln, wiederhole Vokabular zu Verkehrsdelikten und Seepferdchen. Außerdem sehe ich ein Online-Interview mit ihm, um mich in seinen Sprachduktus einzuhören.

Hier eine Kritik, die ich gelungen finde. Eine "Filmperle" nennt Sonja Wenger den Streifen.

Am frühen Abend - vor dem Film - geht's zum Mitte-Studio von Radio Eins für ein kurzes Interview, das zur Hälfte auf Deutsch geführt wird. Jacobs Deutsch ist nett, aber angestrengt, so dass ich bald dolmetsche. Nach der Vorführung im Filmtheater am Friedrichshain wird erst ausgiebig mit dem Publikum diskutiert, dann geht es an den Kurfürstendamm zur Party anlässlich der Eröffnung der Filmwoche.

Gegen halb elf Uhr abends ist es noch ziemlich hell. Vor acht Jahren, bei der ersten Auflage des Festivals, hieß es auch noch "Filmsommer Frankreich" ... Doch das weiß außer mir niemand mehr, vom Team damals bin bin ich die einzige, die noch dabei ist.

"Was ist ein Akronym?"

... schreibt mir Julia, aus München, sie besucht dort die siebente Klasse eines Gymnasiums.

Nehmen wir ein Beispiel: das am wenigsten bekannte berühmte Akronym "News" steht für "Nachrichten". Wir kennen das Wort alle, die wenigsten wissen, dass es ein Kunstwort ist, das aus den Anfangsbuchstaben dessen gebildet wurde, für das es steht: den Kompass und seine vier Eckpunkte. Also ergibt das Englische Nord-East-West-South eben NEWS, für das, was aus allen Himmelsrichtungen so an Neuem zu uns kommt.

Und mit welcher Eselsbrücke merkt man sich das Wort "Akronym"? Es gibt den 'Abkürzungsfimmel' in Deutschland (mehr noch in Frankreich), der auch "AKüFi" abgekürzt wird.

A-kro-nym - A-Kü-Fi, gleiche Anzahl von Silben, gleicher Wortanfang, ähnlich klingende Vokale, naja, einigermaßen, aber ich hab' das mal im Kopf so verbunden, da war ich ungefähr in Deinem Alter.

Mittwoch, 25. Juni 2008

"Mikro, bitte!"

Heute dolmetschen wir für die Politik in der Nähe von Brandenburger Tor und Potsdamer Platz.

Wir sitzen in der Kabine, während sich draußen die Diskutanten echauffieren. Von dem, was im Saal gesagt wird, kommen nur Wortfetzen über die Rednermikros bei uns an. Ich reiße die Tür auf und versuche, durch ein knappes "Mikro, bitte!" das Publikum daran zu erinnern, dass der Gast aus Frankreich ohne unsere Verdolmetschung nichts versteht ... Beim zweiten Mal rufe ich nur noch "Mikro!"

Für einen kurzen Fotostream hier klicken.
____________________________________

Tipps für die Moderation:

- Wenn Sie spüren, dass im Publikum Fachleute sitzen, zögern Sie nicht zu lange damit, es an der Diskussion zu beteiligen.
- Erklären Sie vorher die Spielregeln: Die Dolmetscher können Sie nur dann hören, wenn Sie ins Mikrofon sprechen. Und nur dann erhält der ausländische Gast seine Übersetzung.
- Erteilen Sie das Wort, halten Sie Blickkontakt mit jenen, die für die Saalmikros zuständig sind. Haben Sie bitte keine Angst vor entstehenden Pausen.

Dienstag, 24. Juni 2008

"Kung Fu Panda" in Berlin

Gestern in der Pressekonferenz: Die Journalistin fragt auf Englisch, der Mann vorne am Podium schaut nach links und rechts als suche er jemanden. Dann sagt er (in der gleichen Sprache!): "Entschuldigung, aber ich verstehe kein Englisch, könnte bitte mal jemand für mich übersetzen?" - und sendet ein Augenzwinkern in Richtung der Dolmetscherin.

Berlin, Pressekonferenz für "Kung Fu Panda", einen amerikanischen Zeichentrickfilm, über dessen Herstellung die deutschen und englischen Synchronstimmen Rede und Antwort stehen. Unter ihnen sind Gottfried John, Cosma Shiva Hagen und aus den USA Jack Black sowie Dustin Hoffman. Tanja ist für die amerikanischen "Talents" mit allem, was im Raum auf Deutsch gesagt wird, "die englische Stimme im Ohr". Sie sitzt in Sichtnähe und spricht leise, mitunter nesteln die Stars an den In-Ears rum oder ändern die Lautstärke am Empfangsgerät.

Bei der Pressekonferenz wird viel gelacht - und spritituell wird es auch. Sie findet im Shaolin Tempel statt, Hoffman kommt als einziger der Schauspieler auf die Idee, die Mönche, die dort arbeiten, zu begrüßen und bittet sie, dass sie sich vorstellen mögen. Noch eine Antwort hat mir gefallen. Die Presse fragt, was man denn so mache, um nach getaner Arbeit wieder auf den Boden zurückzukommen, ob man Zugang zu Spiritualität besitze? Einige sprechen darüber jetzt ganz ausführlich, nur der 1967 mit "Der Reifeprüfung" berühmt gewordene Schauspieler schweigt und sagt: "Silence is very meaningful!"
____________________________
Die ganze Fotoreihe hier.

Montag, 23. Juni 2008

Im Eiltempo

48 Stunden München: Ich durfte zum dortigen Filmfest, dem zweitwichtigsten deutschen Festival, um den Gewinner der Goldenen Palme der hiesigen Presse näherzubringen.
Der Film "Entre les murs" (Die Klasse) von Laurent Cantet hat Cannes beendet - und München wurde damit eröffnet. In Deutschland kommt er zwar erst Januar 2009 in die Kinos, doch schon jetzt werden Interviews dazu geführt.

Zum Glück gab es keine Press Junkets (Gruppeninterviews), doch das Prinzip des schnellen Wechsels der Gesprächspartner war das gleiche: alle zwanzig Minuten ein anderer Journalist bzw. ein anderes Team. Das schlaucht. Und abends noch ein Gespräch mit Alexander Kluge, danach mit dem ganzen Team zur "Fête de la Musique" ins Institut Français de Munich, um den Sommeranfang würdig zu feiern.

Alles lief prima, der Rahmen war Routine, also 'Autopilot', denn alle Wachheit und Energie gingen in die Sprache. Jetzt bin ich wieder "richtig da" - nach 12 Stunden Schlaf.

Die ganze Fotoreihe hier: Klick!

Mehr zur Art der Arbeit hier.
_________________________________
Fotos: Rechts oben die Augen beachten, die zwischen Kamerakorpus und Kameramikro durchschauen. Danke, Marwan!

Montag, 16. Juni 2008

Respekt, Mann!

Charakter ist eine Sache - Respekt für die Berufsausübung des Nächsten eine andere. Wer meint, Extravertiertheit ausleben oder tolerieren zu müssen, darf sich nachher nicht über die Folgen beschweren oder Beschwerden zulassen, wenn der entsprechende Charakter derart raumgreifend wurde, dass einem Zeitgenossen kaum davon blieb zur vereinbarten Berufsausübung.

Ich erkläre mich. Neulich, in einem Berliner Kulturhaus: Ein Gespräch zu Buch, Malerei, Film, was auch immer, es tut nichts zur Sache. Vorne standen ein Moderator, der ausländische Gast und ein Dolmetscher. Der Gast sagte nach ein paar Worten, dass er es nicht gewohnt sei, mit Übersetzung vorzutragen und dass er derlei auch nicht wolle. Worauf sich Unmut im Saal regte, denn etliche brauchten den Dolmetscher mindestens zur Vervollständigung dessen, was sie verstanden hatten.

Dann sprach der Gast drauflos, machte keine Pausen, forderte Publikumsreaktionen heraus, antwortete sogleich - und würdigte den Dolmetscher keines Blicks. Jeder Bühnenmensch hätte die Sachlage allein schon an der Körpersprache erkannt: Der Dolmetscher sah nur den Rücken des Gasts, ihm war am Stehtisch nicht auch nur ein kleines Eckchen vergönnt, und so musste er immer um seinen Raum kämpfen, wenn er die bestellte Dienstleistung an die Kunden bringen wollte.

Hier war der Moderator gefordert, er hätte das Wort erteilen und entziehen müssen, ausgleichend wirken (moderat eben) - und konzentrierte sich aber eine knappe Stunde auf den eigenen Fragekatalog, bevor er die Diskussion öffnete. Das Publikum stellte nun seine Fragen. Inzwischen war der Sauerstoffanteil am fensterlosen Ort in dem Maße gesunken, wie die Raumtemperatur gestiegen war. Die Extravertiertheit des Gasts, kein Künstler, sondern ein vermittelnder Fachmann, führte langsam weg von Erläuterungen hin zu einer witzig gemeinten Selbstinszenierung (jemand ließ das Wort 'Diva' fallen). Diese Art von Inszenierung machte auch Teilen des Publikums Spaß, aber der Dolmetscher bekam sofort noch weniger Zeit zum Sprechen. Wer auf die Form achtete, sah und hörte: Reinreden, Stimme lauter werden lassen, Faxen machen - der Gast - und indifferentes Schweigen - der Moderator.

Andere fanden die Sache wohl weniger witzig. Sie gingen, vielleicht, weil sie immer weniger verstanden. Ich konnte auch nicht so richtig mitlachen ... Nach 80 Minuten war der Spuk vorbei. Für den Dolmetscherkollegen, der alle auf Deutsch gestellten Fragen dem ausländischen Gast geflüstert und Antworten konsekutiv übertragen hatte, war der Abend sicher frustrierend. Geärgert hat mich als Beobachterin vom Fach, dass am Ende der Dolmetscher von einem besserwisserlichen Publikumsgast wegen einer missverständlichen Passage kritisiert wurde und nicht das Setting.

___________________________
Meine Tipps, aus der Erfahrung:

- Gast und Dolmetscher treffen sich vorher zum Kaffee, lernen einander kennen und respektieren
- Der Ablauf mit Frage/Antwort und Verdolmetschungen wird erst "trocken", dann vor der Veranstaltung auch noch mal vor Ort allen Beteiligten erklärt
- Der Moderator weiß, dass er im Auftrag des Publikums fragt und sollte jeden erreichen wollen. Er beginnt die Veranstaltung mit seinen Fragen, öffnet dann, hakt nach, fragt quer und greift ein, wenn es sein muss - charmant und bestimmt

Freitag, 13. Juni 2008

Dolmetscher arbeiten auch dann, wenn sie unsichtbar sind

Diese Woche: Jeden Tag ein anderes Bild von meinem jeweiligen Arbeitsplatz, denn Dolmetscher sind nur einen kleinen Teil ihrer beschäftigten Zeit wirklich sichtbar.

F
reitag ...



Pausenmusik: Bitte gar keine! Getränk: Lassi salzig und ein Getränk mit Guaraná (einer Koffeinart), Duft: neutral
_______________________________

(Die anderen Arbeitsplätze der Woche hier. Merci à Jean-Luc Clairambault pour les photos du congrès !)




Sonntag, 8. Juni 2008

Preise für Drehbuchübersetzung

Eine hier oft gestellte Frage ist, was eine Drehbuchübersetzung kostet. Das hängt ganz vom Drehbuch ab. Wenn es schon einige Entwicklungsstufen hinter sich ge­bracht hat, die Sprache flüssig ist, es die Übersetzerin unterhält und die Arbeit aufgrund einer klaren, ein­­deu­ti­gen Geschichte, die nicht in einem zu exotischen Milieu angesiedelt ist, flott von der Hand geht, können das 2000 Euro sein (bei 90 Seiten).

Mehr Aufwand kostet natürlich mehr. Oft haben Bücher in den Erstfassungen noch 140 Seiten, und wenn dann noch viel Filmförder- und Antragprosa incl. umfangreicher Zahlenwerke dabei ist, klettert der Preis rasch in Richtung 5000 Euro. Preise sind da schwer vergleichbar. Wir rechnen immer inklusive Korrektorat, das Vier-Augen-Prinzip ist für mich wichtig. Viele Einzelkämpfer hingegen veranschlagen nur ihre Einzelleistung.

Übersetzungen brauchen Zeit. Ich übersetze in den ersten vier, fünf Stunden des Tages, da bin ich am besten. Nach der Rohfassung lese erst ich Korrektur, dann die Lektorin. Anschließend feile ich noch tagelang, lese laut, schleife, verbessere, lese wieder ... bis es stimmt. Es muss am Ende so klingen, als wäre das Drehbuch auf Deutsch geschrieben worden.

Fragen Sie uns, wir geben gerne eine Preiseinschätzung ab!

Letztens hatte ich eins in Arbeit, da waren die Seiten luftig beschrieben, die Ant­wor­ten kurz, die Wiederholungen der Rollenbezeichnungen auch kein Problem, der (Druck-)Satz manchmal, weitaus besser als hier unten, aber meist ist auch das ein­fach: wir arbeiten am liebsten direkt in Final Draft.

Der Rest ist Erfahrung und Training. Etwas, das zwischen Literatur (für die Geld­ge­ber und die Stimmung) und gesprochener Sprache (für die Echtheit der Figuren) angesiedelt ist: Mit den Ohren schreiben können, zuvor dem Volk (oder diversen Personengruppen auf der Straße, in der U-Bahn, der Kneipe, dem Wochenmarkt) auf Maul geschaut haben; Dialekt, Soziolekt, Idiomatisches plus Kreativität.

Es ist nach Mitternacht, jetzt rasch in die Federn, damit's mir morgen nicht so geht wie der da:
Der Morgen graut. Das könnte heute wört­lich zu nehmen sein, so jedenfalls fühlt sich MEIKE, Ende 30, als sie in die Bremse tritt und diese harte Geste au­gen­blick­lich sanft abmildert mit einem kurzen Blick auf die Rückbank. Sie betritt den Verkaufsraum der Tanke.

TANKWART HINTER DER KASSE
Ey, Frau, Sie sind müde!

MEIKE
Nein.

TANKWART HINTER DER KASSE
Do-hoch.

Die junge rothaarige Frau legt langsam zwei Schokoriegel und eine ausländische Zeitung auf den Tresen. Zwischendurch schaut sie zu ihrem Auto rüber. Im Kin­der­sitz auf der hinteren Bank schläft ein kleines, etwa vierjähriges Mädchen mit blonden Locken.
Die Frau geht schnellen Schritts zum Kühlregal, nimmt einen Liter Milch, knallt ihn auf den Tresen.

TANKWART HINTER DER KASSE
(beobachtet jede einzelne ihrer Gesten)
Und eine Nacht ohne Schlaf, junge Frau,
das ist ... das ist wie einen übern
Durst ist das. Da hasse ne Reaktion
am Steuer wie 1,0 Promille!

MEIKE
Sicher?

TANKWART HINTER DER KASSE
Sicher! (Winkt sie ran und flüstert:)
Sag's aber nicht weiter, Mä'chen,
sonst haben die Bullen
bald 'ne neue Geldquelle ...

Samstag, 7. Juni 2008

Besser arbeiten

Aus der Ausstellung "Multitasking", die bis vor einer Woche in den Niederlanden zu sehen war war und außerdem nach Lübeck und Frankreich eingeladen ist, fiel mir dieses Bild wieder in die Hand. Es bringt alles schön auf den Punkt.

In der Ausstellung gibt es außerdem das Portrait einer Kabinendolmetscherin für die französische und deutsche Sprache ... Alexandra Koch, Studierende an einem der Hochschulinstitute, an denen ich inzwischen nur noch jedes zweite Semester unterrichte, hatte mich vor einem Jahr einen Tag lang mit der Kamera begleitet.

"Do one thing at a time" - beim Dolmetschen lenkt mich möglicherweise jede Kleinigkeit ab. An jedem Drehtag arbeiteten wir für eine Agentur, die zu jenen Großfirmen gehören, die von unseren Dolmetschergagen 30-40 % als "Vermittlungsgebühr" einbehalten. Das macht oft schon mal schlechtere Stimmung, wenn dann auch nicht für Verzehr während der Arbeitspausen gesorgt ist, nimmt die Arbeitslaune ab, denn Dolmetscher haben einen Grundumsatz wie Bauarbeiter, das bedeutet: ständiges Nachfuttern.

Hier führten die schlechten Arbeitsbedingungen dazu, dass ein Kollege der Spanisch-Kabine erst gar nicht erschienen war. So sprang Kerstin zwischen Spanisch und Französisch hin und her, zu dritt arbeiteten wir jeweils 2/3 der Zeit, nicht wie sonst 50% (die Prozente verschoben sich weiter, weil bei Spanisch eine Berufsanfängerin saß, der man zugesichert hatte, nur in ihre spanische Muttersprache dolmetschen zu müssen).

Wir machten das Beste aus der Situation. Da ja nun der "Kopilotensitz" in der Französischkabine oft unbesetzt war, durfte sich Alexandra mit ihrer Kamera niederlassen. "Do one thing at a time" - ich vergaß alle meine Hochschullehrerinnen-Impulse und vertraute mich ihr voll und ganz an, schloss oft die Augen, dolmetschte vor mich hin. Das wurde dann aufgezeichnet, der Ton mit Interview-Antworten von mir ergänzt und herauskam ein hübsches Filmchen über den Dolmetscherberuf, das ich hier auch mal einstelle, sobald die Technik dies' will.

Voilà !
_________________________
Foto: Friederike Elias

Mittwoch, 4. Juni 2008

Fachartikel

Gerade schreibe ich einen Fachartikel zum Thema "Dolmetschen und Übersetzen beim Film". Es geht um Recherche, Drehbuch, Förderanträge, Koproduktionsgespräch, Dreharbeiten, Schnitt, Endfertigung (Sprache/Untertitel) und dann um meine geliebte Festivalarbeit.

Es ist für das MDÜ, das Mitteilungsblatt des Bundes der Dolmetscher und Übersetzer, das "Medien" als Titelstory bringen wird, und soll im Juli erscheinen.

Nachtrag: Hier ist der Link!
_________________________
Foto: Friederike Elias

Sprachenpolitik

Deutsch hat in der Europäischen Union einen schweren Stand. Wir merken es daran, dass wir viele Übersetzungsaufträge aus dem Deutschen mit Ziel Brüssel oder Straßburg erhalten. Im Mai beschwerten sich denn auch Regionen und Bundesländer bei der Kommission darüber, dass immer häufiger auch offizielle juristische Texte nicht mehr auf Deutsch veröffentlicht werden. Der europäische Bürgerbeauftragte rügte daraufhin die Kommission, die Einreichungen bei Ausschreibungen nur auf Englisch, Französisch und Spanisch zulassen möchte.

Was ein Teil unseres Geschäftes ist, stimmt uns dennoch nachdenklich, denn Deutsch ist die am meisten verbreitete Muttersprache der EG. Deutsche Politiker verteidigen traditionell ihr Idiom nicht. Ganz anders die Franzosen - und jetzt steht die Ratspräsidentschaft Frankreichs vor der Tür. Derzeit kursiert in Brüsel eine Zehn-Punkte-Liste, aus der hervogeht, dass französische Diplomaten und Beamten in der Präsidialzeit darüber wachen sollen, dass ihre Sprache weiter gepflegt wird: Es sei grundsätzlich immer Französisch zu sprechen und „jeder Umstand, der den Gebrauch des Französischen nicht möglich macht, muss ins Protokoll aufgenommen und den französischen Behörden gemeldet werden.“ So zitiert jedenfalls die Märkische Allgemeine den Ukas. Damit hebt sich Frankreich von den anderen Ländern ab. In Arbeitsgruppen gilt nämlich meist Englisch als "Brückensprache". Nun heißt es, „bei informellen Treffen reden die Vertreter Frankreichs ausschließlich Französisch“ - derart scharf hat noch kein anderes europäisches Land sein Idiom verteidigt.

Sicher, die französische Sprachenpolitik trotzt uns auch Respekt ab. Es ist charmant, dass die französische Welt zum Beispiel auch über Technik anders spricht als wir, und dass die ausgedachten Worte am Ende zu gelebter Sprache werden. So schreibt unsere Übersetzerkollegin Alexandra aus Paris auf dem "clavier", wenn sie tippt, sie nutzt dazu den "ordinateur", keinen Computer, dabei bedient sie sich dazu eines "logiciels" und keiner Software, außerdem korrespondiert sie per "courriel", wo andere eMails versenden.

In einigen Punkten hat die französische Sprachenpolitik auch Ausschlusscharakter, der für unsere Kunden zum wirtschaftlichen Nachteil wird. Zum Beispiel für die französische Filmproduktion, die sich traut, mit Deutschland gemeinsam einen Film herzustellen. Wir haben das Buch, das auf Deutsch geschrieben worden ist, ins Französische übersetzt. Es geht um eine deutsch-französische Familie, die im Elsass lebt. Jetzt hat der französische Auftraggeber Sorgen, denn es wird im Film zu viel Deutsch gesprochen. Bei der staatlichen Filmförderbehörde CNC (Centre National de la Cinématographie) erhält indes nur das Projekt die volle "Punktzahl" und damit die maximale Fördersumme, das mehrheitlich die französische Sprache verwendet. Beim CNC, so wurde uns glaubhaft versichert, gäbe es Mitarbeiter, die dieses prüften - mit der Stoppuhr in der Hand.
Wir haben jetzt in den Gesetzen nachgelesen und uns wurde wieder bewusst, dass ja Regionalsprachen unter besonderem juristischen Schutz stehen. Am Ende des Aktenstudiums weiß nun auch "unser" Produzent, dass sein Film offiziell "auf Französisch und Elsässisch" ist - und damit in einer der offiziellen Minderheitensprachen, die dem Französischen gleichgestellt sind ...
____________________________________
Bilder: Straßburger EU-Parlament