Freitag, 31. August 2007

Undiplomatisch

Die Sprache der Diplomatie ist anders. Man drücke sich nie direkt aus, bleibe im­mer distanziert und höflich — und die eigene Meinung sei offiziell tabu, denn im Grunde spreche man ja für andere; so oder so ähnlich fasste es mal ein deutscher Diplomat in Paris zusammen, als ich mich einst kurz mal für den diplomatischen Dienst interessierte.

Höflichkeit und Sprechen "im Auftrag" bestimmt auch heute meinen Alltag als Dolmetscherin. Und dazu gehört auch Diskretion über Pannen.
Einer, der sich am Ende eines langen Berufslebens nicht ganz so an sein Verschwiegenheitsgebot hielt, hat ein Kompendium der schönsten Fehlleistungen von Dol­met­schern veröffentlicht. Der ehemalige Diplomat Richard Woolcott, einst in Diensten Australiens, hat in seinem Buch "Undiplomatic Activities" (Undiplomatische Aktionen) viel Amüsantes zusammengetragen. Wie die Süddeutsche Zeitung heute berichtet, erscheint das Buch in Kürze.

Die SZ druckt schon heute einige Beispiele ab. So erwähnt Woolcott den Fauxpas eines japanischen Dolmetschers, der mit der hemdsärmeligen Art des früheren australischen Premiers Bob Hawke nicht klarkommt. Dieser habe auf eine weniger angenehme Frage salopp geantwortet: "Ich bin doch nicht hier, um den Hanswurst zu spielen", woraus der Dolmetscher, rückübersetzt, etwas wie "Ich bin nicht hier, um für euch den lachenden Schwulen zu spielen" gemacht haben soll.

Richard Woolcott kolportiert auch den modernen Mythos des durch den Dol­met­scher bestellten Lachens — ein langatmiger Minister findet keinen Punkt, steuert einen Witz an, versiebt die Pointe, das Publikum (auf einem andren Kontinent, als durchaus mit anderem Humor als der Redner ausgestattet) lacht dennoch.

Auf das ministerielle Lob für die Leistung hätte der Dolmetscher entwaffnend ent­geg­net: "Um ehrlich zu sein, Herr Minister, ich habe Ihren Witz nicht einmal ver­stan­den. Alles, was ich dem Publikum auf Koreanisch gesagt habe war, dass der Minister jetzt seinen üblichen Witz erzählt — und dass alle bitte lachen und klat­schen sollen."

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